Insbesondere vor Weihnachten ist eine Frage ganz wichtig (so man sie sich in Deutschland überhaupt stellt), nämlich: welches Slotcar-Bahnsystem ist das beste?
Die Wahl hat man ja im Wesentlichen zwischen drei größeren Systemen, nämlich Carrera, Ninco und Scalextric - SCX hat sich eine Nische erobert, insbesondere SCX digital, zu nennen sind auch noch Cartrix bzw. Karstadts Racy auf Artin-Basis. Gleich vorweg: eine Antwort kann nicht eindeutig ausfallen, sondern richtet sich nach den Wünschen und Erwartungen der potenziellen Fahrer.
Carrera Für viele in Deutschland dürfte die Carrerabahn die erste Wahl sein (94% Marktanteil), denn mit diesem Namen verbindet sich hierzulande der Slotracing-Mythos im Spielzeugbereich am meisten. Ob das auch für China gilt, ist mir nicht ganz klar, jedenfalls produziert Carrera in China. Das Schienenmaterial ist sehr hart, sehr starr, verwindungssteif und glatt. Die Nähe zu Clubbahnen aus Holz wird hier häufig betont. Der nur schwach magnetische Nirosta-Edelstahl-Leiter und die durch mehrere Zusatzklammern fest verbindbaren, quasi übergangsfreien Schienen verstärken diesen Eindruck noch: es ist glatt hier und man driftet sehr durch die Kurven.
Ninco Ninco ist ein spanischer Hersteller, der auch in der EU produziert, mittlerweile aber auch Teile der Produktion in China fertigen lässt. Das Ninco-Bahnsystem ist eine gute Alternative zur Carrerabahn, ist aber auch ungefähr das Gegenteil des Carrera-Systems: Die Fahrbahnoberfläche ist rau, der Leiter ist stark magnetisierbar und nicht korrosionsfrei. Die Schienen sind sehr flexibel und werden nicht in Längsrichtung verklammert. Die Fixierung ist aber unter normalen Umständen auch so bombenfest. Dennoch hat Weichplastik einen Nachteil, was die mögliche Verformung angeht.
Scalextric Scalextric stammt aus England, hat eine sehr lange Tradition im Slotracingbereich und produziert, wie Carrera auch, in China. Vermutlich liegt das daran, dass die Chinesen versprochen haben, im Gegenzug das englische Rentensystem zu finanzieren o.Ä. Das Schienenmaterial ist schmaler als bei Carrera und Ninco, hat eine glatte Oberfläche und mittelstark magnetisierbare Leiter. Es ist als Weichplastikmaterial auch flexibel.
Für die Kaufempfehlung gehen wir von drei denkbaren Szenarien aus, die zu den entsprechenden Bahnsystemen passen könnten:
Szenario 1: Fest installierbare Bahn. Ausreichend Platz. Ambitionen auf Clubbetrieb und extreme Drifts. Erfahrene Fahrer. Empfehlung: Carrera.
Szenario 2: Häufiger Auf- und Abbau. Interesse an hoher Geschwindigkeit und leichten Drifts ohne viel Tuningmaßnahmen. Kinder fahren öfter mit. Platz vorhanden. Empfehlung: Ninco (Auf Ninco werden aber auch schöne fest installierte Bahnen aufgebaut, wie etwa LeMans ). Sehr geeignet sind hier die robusten und preiswerten, trotzdem aber hübschen Fahrzeuge aus der Scalextric Junior-Serie, wie z.B. der Ferrari .
Szenario 3: Häufiger Auf- und Abbau. Platzangebot nicht üppig. Ambitionen auf clubähnliches Fahren mit vielen Drifts. Kinder fahren gelegentlich mit. Empfehlung: Scalextric Sport. Wenn die Kinder viel fahren sollen, ist sogar an Scalextric Start zu denken.
Als groben Anhaltspunkt nehmen wir mit dem Januar 2008 einen willkürlichen Zeitpunkt und Händler zur Bestimmung der preislichen Relationen. Maß soll dabei der Preis pro Meter Bahn in der Grundpackung sein. Zwei Autos, zwei Regler und ein Netzteil haben ja alle - die Unterschiede im Preis-Leistungsverhältnis machen sich also deutlich im Bereich des Streckenpreises bemerkbar, wobei hier auch ein möglicher Indikator für Erweiterungskosten liegt.
Hersteller | Grundpackung | Bahnlänge und Aufbaumaß | Preisbeispiel 01/2008 | Preis pro lfd. Meter |
Scalextric |
Scalextric 1/32 Start-Set Porsche GT
|
Streckenlänge: 6,80m |
119,95€ | 17,64 € |
Carrera | Carrera Evolution 25128 Rally Action | Streckenlänge: 4,50m Aufbaumaße: 200 x80 cm |
79,95€ | 17,77€ |
Scalextric | Scalextric Rally Sport |
Streckenlänge: 5,30m |
97,90€ | 18,47€ |
Ninco |
Ninco 1/32 Start-Set Ascari Race Resort |
Streckenlänge 7,46m Aufbaumaße: 160 x 235 cm |
139,95€ | 18,76€ |
Carrera |
Carrera Evo 1/32 Start-Set, 'GT3 Challenge'
|
Streckenlänge: 7,4m |
144,95€ | 19,59€ |
Ninco | Ninco MT 900R Grundpackung |
Streckenlänge: 5,80m |
114,95€ | 19,82€ |
Carrera Die Carrerabahn hat die breitesten: 19,8 cm Schienenbreite lassen viel seitlichen Platz, und von Slot zu Slot gibt es satte 9,9 cm Abstand. Für den Maßstab 1:32 (Evolution) ist dies üppig. Inwiefern es aber wirklich ein problemloses Fahren von Fahrzeugen im Maßstab 1:24 (Exclusiv) zulässt, ist nicht unumstritten. Die Standardgeraden sind 34,5 cm lang (damit hat Carrera also nicht ganz die längsten).
Das Material wirkt vom Griff her edel, aber auch etwas spröde, was mit der hohen Härte einhergeht. Sorgfalt beim Auf- und Abbau ist damit vonnöten, dafür schadet eine längere Lagerung der Schiene nicht: Verformungen kommen praktisch nicht vor, doch kann das Material bei ruppigem Gebrauch brechen. Die Oberfläche fasst sich glatt an. Der Leiter ist im Slot durch einen Kunststoffsteg isoliert. Die Breite des Schlitzes beträgt durch das feste Material absolut konstante 3 mm bei 7 mm Tiefe.
Ninco Ninco hat die längsten: die Standardgerade misst stattliche 40cm, bei immerhin noch 18,0cm Breite. Seitlich sind jeweils 4,5cm Platz. Ninco setzt voll auf leichten Aufbau und Trittfestigkeit. Wenn der Leiter nicht verbiegt, ist die Schiene tatsächlich auch gegen Tritte und Stöße recht unempfindlich, was wichtig sein kann, wenn kleinere Kinder im Haushalt sind und die Bahn auf dem Teppich aufgebaut wird. Leider ist das weiche Plastikmaterial nicht ganz gegen Deformationen gefeit. Für den normalerweise 2,3mm breiten und 6,2mm tiefen Schlitz bedeutet das zum Beispiel, dass gegen Schienenende bzw. im Bereich von Aussparungen der Spalt enger wird. Abhilfe schafft da etwa ein Ein-Euro-Stück, mit dem man einmal den Schlitz in jeder Spur abfährt. Die einfachen Stifte der Carrera Go sind übrigens für den Ninco-Schlitz zu breit. Sie müssen stark zusammengepresst werden, um nicht steckenzubleiben.
Das Material ist flexibel und hat einen hohen Grip, da es eine stark und dauerhaft raue Oberfläche hat. Sonderschienen wie "Schnee-Effekt" sind allerdings auch zu bekommen und haben eine spiegelglatte Oberfläche.
Scalextric Scalextric hat mit 15,6 cm die schmalsten Schienen im Angebot, ebenfalls aus flexiblem Material, aber mit einer sehr glatten Oberfläche. Der Schlitz ist nicht isoliert, sondern wird durch die Leiterbahnen gebildet. Die Breite beträgt 1,9mm, die Tiefe 6,8mm. In den engen R1-Kurven wird es da schon manchmal etwas hakelig, insbesondere für Slotcars mit größer dimensionierten Leitkielen (Carrera etwa). Ninco und Scalextric selber haben da allerdings nur wenige Probleme.
Carrera Daumen drücken! Carrera hat als einziges System Daumenregler in glattem schwarzen Kunststoff mit rotem Stift. Das hat bei Carrera auch schon Tradition, sieht irgendwie nach Hightech-Faustkeil aus und hat auch in der Farbenkombination etwas Martialisches. Allerdings liegt diese Art Regler nicht unbedingt jedem - ich selber verkrampfe damit immer etwas, und auch damals beim Computerspielen haben mir Joysticks, bei denen der Feuerknopf oben auf dem Griff angebracht war, nicht viel Freude gemacht. An meine Carrera-Servo-Zeiten erinnere ich mich auch nur so, dass man auf Teufel komm raus versuchte, durch Daumenkraft mehr Geschwindigkeit herauszuholen und öfter schmerzende Gelenke hatte. Auf seltsame Art sexy sehen sie dennoch aus - aber die Alternativregler (z.B. von Parma) erhöhen den Spaß offenbar doch so weit, dass sie gerade bei Carrera ihre Daseinsberechtigung haben.
Ninco Nincos Pistolenregler sehen in durchsichtigem rotem Kunststoff und mit Spiralkabel schon fast wie professionelle Regler aus. Sie sind in der Form in etwa an die Regler von Parma angenähert. Ihr Widerstand vom 55? ist ein recht ordentlicher Kompromiss für die Heimbahn, und sowohl Autos von Carrera als auch Scalextric lassen sich damit ausreichend zügig bewegen. Auf die Motoren von Ninco sind sie sowieso sehr gut abgestimmt. Durch den unsanften Umgang, den insbesondere Jüngere (aber auch ältere Slotracer, die sehr ehrgeizig sind) mit den Reglern pflegen, ist es hier aber schon gelegentlich zu Kabelbrüchen gekommen. Genauer lokalisiert haben wir die aber nicht, d.h. ob es besonders gefährdete Bruchstellen gibt außer den mit gesundem Menschenverstand feststellbaren wie die Übergänge in den Regler hinein oder am Stecker, wissen wir also nicht.
Scalextric Die Regler von Scalextric haben irgendwo sicher mal einen Preis fürs Design bekommen. Sie wirken schon von allen drei Systemen am abstraktesten. Man hat - auch mit den original Scalextric Autos - nicht unbedingt das Gefühl, als könne man besonders feinfühlig oder präzise dosieren. Auch kommt kaum ein Vollgasgefühl auf, wenn man versucht, den Regler durchzuziehen, was einerseits am Widerstand liegen könnte, andererseits aber daran, dass die gesamte Auslegung nicht so sehr auf Rasanz und plötzliche Reaktion hin getrimmt zu sein scheint. Auch hier liegt wohl der Gedanke nahe, sich irgendwo Zubehör in Form neuer Regler eines Zusatzausrüsters zu beschaffen.
Carrera Autos von Carrera sind nicht von Pappe. Sie sind sehr robust und dadurch im Vergleich relativ schwer - und mit viel Technik bis auf den letzten Winkel angefüllt. Beleuchtung ist vorne und hinten Standard. Das Bremsverhalten ist bei Carrera gelegentlich nicht das zackigste.
Ninco Autos von Ninco machen sehr viel Spaß, sind aber öfters auch recht laut. Beleuchtung gehört noch nicht zur Standardausstattung - es gibt lediglich ein Nachrüstkit. Ein Problem besteht bei manchen Modellen damit, dass diese beim Beschleunigen hoppeln. Abhilfe schafft hier ein Ruhigstellen der Hinterachse bzw. des Motors, in dem man das Chassis versteift und den Motor mit Heißkleber fixiert.
Scalextric Die Autos von Scalextric sind recht makellos. Die Bedruckung ist in den meisten Fällen einwandfrei und sehr farbscharf ausgeführt. Beleuchtung ist vorne und hinten mittlerweile fast Standard bei Scalextric. Allerdings wird die Beleuchtung momentan nicht durch Kondensatoren gepuffert, so dass im Analog-System die Beleuchtung aussetzt, wenn man kein Gas mehr gibt oder die Autos die Bahn verlassen. Eine leichte Spannungsabhängigkiet meint man auch wahrzunehmen. Die Fahrzeuge sind recht stark magnetisiert, meist mit einem rechteckigen Magnet, der für viel Haftung sorgt (bei Scalextric ist der Leiter ja nicht so stark magnetisierbar), aber zum Beispiel für Fahrten auf Ninco fast schon zuviel zieht.